Nov 06 2007
Mehr über Wissenschaftsläden
Der WiLa Bonn
In Bonn gibt es ebenfalls schon seit langem einen Wissenschaftsladen. Die Themenschwerpunkte sind dort Umwelt und Gesundheit, Arbeitsmarkt und Qualifizierung sowie Bürgergesellschaft und Nachhaltigkeit. Näheres unter http://www.wilabonn.de
Internationale Vernetzung
Im Mai 2012 organisierte der WiLa Bonn die 5. Living Knowledge Konferenz, ein internationales Treffen von Wissenschaftsläden aus aller Welt. Zum Abschluss der Konferenz verabschiedeten die rund 250 Teilnehmerinnen dieses Communiqué: Communiqué on Sustainability, Knowledge and Democracy
Mehr zu dem Living Knowledge Netzwerk unter http://www.livingknowledge.org
Ein Text aus dem Jahr 1996 !
Was sind Wissenschaftsläden?
Wissenschaftsläden (WiLas) sind zuerst entstanden in den 70er Jahren in den Niederlanden – „wetenschapswinkel“ – und stehen im Zeichen der gesellschaftlichen Verantwortung der Wissenschaft. Sie sehen sich als Bindeglied zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Das bedeutet zum einen wissenschaftliches Potential für gesellschaftliche Gruppen verfügbar zu machen, die z.B. aus finanziellen Gründen oder wegen fehlender Qualifikation keinen Zugang zur universitären Wissenschaft haben, und umgekehrt die Einbringung gesellschaftlich relevanter Fragestellungen in Forschung und Lehre.
Die Motivationen für diesen Ansatz liegen u.a. in dem Versuch, verantwortliche Wissenschaft zu betreiben, die nicht blind gegenüber den Auswirkungen ihres Handelns bleibt, sowie die Erfahrung, daß große Teile der Wissenschaft durch ihre Struktur und ihre Abhängigkeiten eher zum Problem als zur Lösung gesellschaftlicher Fragen gehören. Dies hat Auswirkungen. Zum Beispiel arbeiten viele Wissenschaftsläden im Bereich praktischer Ökologie und beraten u.a. Menschen, die unter den Auswirkungen der heutigen industriellen Chemie leiden. Interdisziplinäres Arbeiten ist in den WiLas selbstverständlich – aufgrund der Vielschichtigkeit realer Probleme ist das unvermeidbar und gleichzeitig eine Bereicherung für die Beteiligten. Auch ob jemand ein Diplom hat oder nicht spielt für die konkrete Arbeit keine Rolle. WiLas verfügen über viele Kontakte zu Initiativen vor Ort und überregional, was die Sensibilität für Probleme erhöht wie auch die Möglichkeit, Menschen in Problemlösungen einzubeziehen.
Die Organisationsform der WiLas ist nicht einheitlich. In den Niederlanden sind sie per Gesetz fester Bestandteil der Hochschulen mit gleicher Ausstattung wie die zur Wirtschaft orientierten Technologietransferstellen. In der BRD gibt es kaum WiLas an Hochschulen, die meisten schlagen sich als gemeinnüzige Vereine auf Spendenbasis durch, manchmal ergänzt durch kommunale Drittmittelprojekte oder ABMs. In Österreich gab es in letzter Zeit eine staatliche Anschubfinanzierung und teilweise Zusammenarbeit mit den Hochschulen.
Der Wissenschaftsladen Dortmund
Der Wissenschaftsladen Dortmund ist ein gemeinnütziger Verein, der 1983 nach einem Jahr Vorlaufzeit von Studenten der Uni Dortmund gegründet wurde. Seit seiner Gründung ist der WiLa Dortmund durch die Studentenschaften von Uni und FH unterstützt worden, insbesondere durch die Arbeitsräume im Uni-FH-Club, aber auch durch einzelne finanzielle Unterstützungen (zB Anrufbeantworter, Zuschuß für die Ausrichtung einer Tagung).
Bereits von Anfang des Bestehens des Dortmunder WiLas zeigte sich ein Bedarf an unvoreingenommener Beratung von Bürgern: für die Bewohner des ehemaligen Kokereigeländes in Dorstfeld-Süd erarbeitete der WiLa mehrere Broschüren zur Information der Betroffenen in ihrer Auseinandersetzung mit der Stadt.
Seitdem wurden regelmäßig große und kleine Anfragen zu vielfältigen Themen bearbeitet.
Z.B.: die Unterstützung der Eltern zu Problemen mit Holzschutzmitteln in den Gruppenräumen Dortmunder Kindergärten, die bis heute anhält. Oder verschiedenste Anfragen zu Schadstoffen in Kleidungsstücken, Schimmel im Wohnraum, Luftbelastung durch Schadstoffe in Innenräumen, Amalgam in Zahnplomben, Elektrosmog durch elektrische Installationen und Geräte, natürliche und biologische Farben. Oder das Erstellen bzw. Vermitteln von (Gegen-)Gutachten zu gesundheitsrelevanten Problemen.
Neben der Bearbeitung von Anfragen gibt es auch die projektorientierte Arbeit, in der bestimmte Themen längerfristig behandelt werden. ZB die Initiierung von Car-Sharing Gemeinschaften in Dortmund, der Mitaufbau des Umweltberatungsnetzes in Dortmund, der Zugang zu computergestützten Kommunikationsnetzen für ökologische und politische Initiativen und andere Finanzschwache (zB StudentInnen;), die Kritik am Abfallwirtschaftskonzept der Stadt Dortmund und insb. der Müllverbrennung, der Aufbau eines Informationssystems zur Umwelttoxikologie, Beratung und Messung in den Bereichen Baubiologie und Elektrobiologie.
Die Formen dieser Tätigkeiten reichen von der telefonischen Beantwortung einer Frage über die Literaturrecherche, die Vermittlung an kompetente Labors, Initiativen oder Institutionen, die Erstellung von Broschüren, die Teilnahme an oder Organisation von Veranstaltungen, die Durchführung von Schulungen, bis hin zu kontinuierlichen Dienstleistungen. Der WiLa Dortmund ist Mitglied in der Dortmunder AG KUS (Arbeitsgemeinschaft Kultur Umwelt Soziales), der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftsläden (AWILA) und der Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute (AGÖF).
Der WiLa und die Uni
In der Vergangenheit gab es verschiedene Versuche des WiLa, eine bessere Zusammenarbeit mit Menschen der Uni Dortmund zu erreichen. Bei einer vom WiLa durchgeführten DozentInnenbefragung stieß unsere Arbeit zwar auf gutes prinzipielles Interesse, aber konkrete Folgen gab es leider nicht. Die Infotische und Veranstaltungen an der Uni führten immerhin einige Interessenten zum WiLa.
Insgesamt bleibt der Eindruck, daß die Menschen an der Uni eher mit sich und der Uni beschäftigt sind als mit der Welt „da draußen“. Dies wurde und wird von kritischen StudentInnen auch oft bemängelt – die Frage ist, was sich dagegen unternehmen läßt. An der Struktur der deutschen Hochschulen wird sich angesichts der Machtverhältnisse vorerst nichts (zum Guten) ändern. Der ökonomische Druck führt zu immer grösseren Existenzängsten und zunehmender Vereinzelung bei den Versuchen, die daraus resultierenden Probleme individuell zu lösen. Diese Entwicklung läßt immer weniger Raum für kritische, und das bedeutet in den allermeisten Fällen: ehrenamtliche, Aktivitäten. Dadurch wird die Arbeit eines WiLa – wie auch für viele andere Gruppen – schwieriger. Aber auch umso wichtiger
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