Dez. 15 1994

Arbeitszeugnis

Von um 18:46 in Historisches

Achtung Archiv! Dies ist ein Artikel, der nur zur Dokumentation der WiLa-Historie dient. Der Autor bzw. die Autorin des Originals ist sehr wahrscheinlich nicht mehr im Wissenschaftsladen aktiv und die Inhalte unter Umständen nicht mehr aktuell.

Im Original von akuehl [AT] free.de am 15.12.1994

Nach einem Artikel von Hans-Joachim Krause, DAG

Hat man, nach einer Kündigung, oder mit dem Vorhaben, die Stelle zu wechseln, ein Zeugniss in der Hand, so sollte man sich dieses Zeugniss noch einmal genau ansehen. Nicht selten finden sich Formulierungen, die nicht unbedingt das bedeuten, wonach sie erstmal aussehen.
Viele Personalchefs benutzen einen Kode, der als ungeschriebenes Gesetz nirgendwo dokumentiert ist, sich anscheinend aber doch durch viele Zeugnisse zieht, und eine klare Aussage ueber das nicht gesagte zuläst.

Doch Vorsicht: Nicht jeder Personalchef spielt dieses Spiel mit, und kann deshalb „Pro Forma“ der Missgunst bezichtigt werden.

Im Anschluss sind hier eine ganze Reihe Formulierungen aufgeführt, die in Zeugnissen Verwendung finden.

Es gibt Aussagen zu der Qualität der geleisteten Arbeit, …

  • Er hat die ihm übertragenen Arbeiten stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt.
    sehr gute Leistungen.
  • Er hat die ihm übertragenen Arbeiten stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt.
    gute Leistungen.
  • Er hat die ihm übertragenen Arbeiten zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt.
    befriedigende Leistungen.
  • Er hat die ihm übertragenen Arbeiten zu unserer Zufriedenheit erledigt.
    ausreichende Leistungen.
  • Er hat die ihm übertragenen Arbeiten im großen und ganzen zu unserer Zufriedenheit erledigt.
    mangelhafte Leistungen.
  • Er hat sich bemüht, die ihm übertragenen Arbeiten zu unserer Zufriedenheit zu erledigen.
    unzureichende Leistungen.
  • Er bemühte sich mit großem Fleiß, die ihm übertragenen Arbeiten zu unserer Zufriedenheit zu erledigen.
    Er hat versagt.
  • Sie hat unseren Erwartungen entsprochen.
    schlecht.
  • Sie hat unseren Erwartungen in jeder Hinsicht entsprochen.
    befriedigend.
  • … in bester Weise entsprochen.
    ziemlich gut.
  • … in jeder Hinsicht und in bester Weise entsprochen.
    gut.
  • … in jeder Hinsicht und in allerbester Weise entsprochen.
    sehr gut.
  • … hat alle Arbeiten ordnungsgemäß erledigt.
    …ist ein Bürokrat, der keine Initiative entwickelt.
  • Wegen seine Pünktlichkeit war er stets ein gutes Vorbild.
    Er war in jeder Hinsicht eine Niete.
    auch: Die Leistungen lagen unter dem Durchschnitt.
  • Er war sehr tüchtig, und wußte sich gut zu verkaufen.
    Er ist ein unangenehmer Mitarbeiter.
  • Wir haben uns im gegenseitigen Einvernehmen (Einverständniss) getrennt.
    Wir haben ihm gekündigt.
  • Er bemühte sich, den Anforderungen gerecht zu werden.
    Er hat versagt.
  • Er hat sich im Rahmen seiner Fähigkeiten eingesetzt.
    Er hat getan, was er konnte, aber das war nicht viel.
  • Alle Arbeiten erledigte er mit großem Fleiß und Interesse.
    Er war eifrig, aber nicht besonders tüchtig.
  • Er war immer mit Interesse bei der Sache.
    Er hat sich angestrengt, aber nichts geleistet.
    auch: Ihm kann man nichts vorwerfen, doch erwarten kann man auch nichts von ihm.
  • Er zeigte für seine Arbeit Verständnis.
    Er war faul und hat nichts geleistet.
  • Sie hat sich bemüht, ihren Aufgaben gerecht zu werden.
    Guter Wille, aber mehr auch nicht; ungenügende Leistungen.
  • Er hat sich mit großem Eifer an diese Aufgabe herangemacht, und war erfolgreich.
    mangelhafte Leistung.
  • Sie erledigte die ihr übertragenen Arbeiten mit Fleiß und war stets bestrebt (willens), sie termingerecht zu beenden.
    unzureichende Leistung.
  • Sie ist eine zuverlässige (gewissenhafte) Mitarbeiterin.
    Sie ist zur Stelle, wenn man sie braucht, allerdings ist sie nicht immer brauchbar.

… aber auch zu Betriebklima und Führung:

  • Mit seinen Vorgesetzten ist er gut zurechtgekommen.
    Er ist ein Mitlä,ufer, der sich gut anpaßt.
  • Im Kollegenkreis galt er als toleranter Mitarbeiter.
    Für Vorgesetzte ist er ein schwerer Brocken.
  • Wir lernten ihn als umgänglichen Mitarbeiter kennen.
    Viele Mitarbeiter sahen ihn lieber von hinten als von vorn.
  • Durch seine Geselligkeit trug er zur Verbesserung des Betriebsklimas bei.
    Er neigt zu übertriebenem Alkoholgenuß.
  • Für die Belange der Belegschaft bewies er (sie) stets Einfühlungsvermögen.
    … sucht Sexkontakte bei Betriebsangehörigen.
  • Für die Belange der Belegschaft bewies er (sie) ein umfassendes Einfühlungsvermögen.
    schwul oder lesbisch.

Ausserdem gibt es einige Zeichen, die als Beiwerk der Unterschrift Signale geben.

  • Ein senkrechter Strich links der Unterschrift.
    Mitglied einer Gewerkschaft.
  • Ein Häkchen (Ausrutscher) nach rechts.
    Mitglied einer rechten Partei.
  • Ein Häkchen (Ausrutscher) nach links.
    Mitglied einer linken Partei.
  • Ein Doppel-Häkchen (Doppel-Ausrutscher) nach links.
    Mitglied einer linksgerichteten, verfassungsfeindlichen Organisation.

Abgegrast ist dieses Feld noch lange nicht, und nach bekanntwerden dieser Liste hat es bestimmt nicht lange gedauert, neue Möglichkeiten zu finden, etwas zu sagen, ohne es zu sagen.


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